Phantasie über Dreiklänge
für Klavier
Einführungstext
Im Begriff der Phantasie – mit ph geschrieben- klingt für mich viel „19. Jahrhundert“ mit, viel Subjektivität und die „Willkür des Dichters, die kein Gesetz über sich leide“ (F. Schlegel). Diese Absolutsetzung der Individualität ist vielen heutigen Komponisten – ich glaube zurecht – ein bißchen unheimlich. Deswegen erschien mir die Gefahr groß, dass beim Phantasieren, also dem durchaus auch unentschiedenen Umherschweifenlassen der musikalischen Ideen, eine Komposition in Zusammenhangslosigkeit zerbröselt. Da ich aber sicher war, die musikalischen Ideen sozusagen erst beim Gehen entwickeln zu wollen und ich mir auch erlauben wollte, mich zu verlaufen, schien es mir nötig, um aus den Sackgassen, in die ich laufen wollte, auch wieder herauskommen zu können, ein regelrechtes Gegenteil zu dieser völlig frei umherschweifenden Art der Fortbewegung zu erfinden, eine Art exakter Geographie. So habe ich sämtliche 220 Dreiklänge, die sich innerhalb einer Oktave bilden lassen, in eine unsystematische Reihenfolge gebracht. Mit dieser Folie einer zwar willkürlichen, aber dennoch strikten Abfolge von Dreiklängen habe ich dann beginnen können, frei zu musizieren.
Kritik
Maarten Boonstra in Piano Wereld Nr. 5/2010, übersetzt aus dem Niederländischen: Jan Prakken
Der Titel der Komposition ist zusammenzufassen im Sinnspruch ‘Freiheit in der Gebundenheit’. Die Freiheit ist die ungezügelt Phantasie, das Komponieren ohne vorgefasste musikalische Idee, improviserend Herausfinden wo man hingelangt, mit dem Risiko dass man sich verirrt. Die Gebundenheit kommt zum Ausdruck im Baumaterial: Gerald Resch konstruierte alle 220 Dreiklänge innerhalb der Oktave und stellte sie in eine willkürliche (nicht systematisch) Folge. Das ist der einzige Halt um immer wieder seinen Weg zurückfinden zu können.
Das Ergebnis ist eine faszinierende Suche, alles ist ja möglich. Die Töne der Dreiklänge liegen bald nahe aneinander, bald weit entfernt. Taktelang bleibt die Musik dreistimmig, um sich dann plötzlich zu verdichten durch Häufung von verschiedenen Dreiklängen. Die meisten Dreiklänge sind ungebräuchlich (wirken atonal), aber manchmal erscheint auf einmal ein Dur-Dreiklang als eine Art Anknüpfungspunkt.
Nach 43 Takten scheint es, als ob die Komposition verstummt: in den Takten 44 bis einschließlich 51 befinden wir uns auf einer Insel (in der Partitur auch wirklich so genannt). Während einer Minute schauen und lauschen wir herum, um nachher auf einmal die Richtung zu spüren wo wir weiter können. Nachdem wir dem unbeständigen Pfad ganz gefolgt sind, löst der Klang sich auf vom Dreiklang über eine Terz in einen einzelnen verklingenden Ton. Eine Art von Erwachen, sich nicht an den Weg erinnern können und sich verwundert fragen, wie man hier letztendlich doch angelangt ist.
Anfragen zum Werk
Alle Aufführungen von Phantasie über Dreiklänge
- 24.04.2015 Olomouc / CZ, Marek Keprt (Pf)
- 20.04.2015 Olomouc / CZ, Marek Keprt (Pf)
- 05.12.2013 Wien
- 17.01.2013 Linz
- 11.03.2010 Austrian Cultural Forum London / GB, Catalina Butcaru (Pf)
- 08.03.2010 Naturhistorisches Museum Wien, Charlotte Baumgartner (Pf)
- 20.09.2007 Austrian Cultural Forum London / GB, Carol Morgan (Pf)
- 13.07.2006 Stift Lilienfeld
- 02.04.2004 Polycollege Stöbergasse Wien, Judit Varga (Pf)
- 05.11.2003 Doblinger Verlagshaus Wien, Marcel Reuter (Pf)
- 24.10.2003 Musikhochschule Weimar / D, Thorsten Kuhn (Pf)
- 03.05.2003 Bad Berka / D, Blaszej Dowlasz (Pf)
- 24.04.2003 Weimar / D, Blaszej Dowlasz (Pf)
- 12.05.2001 Gesellschaft für Musiktheater Wien, Holger Busch (Pf)
- 30.06.2000 Palais Mirbach Bratislava / SK, Magdalena Dianovska (Pf)
- 24.03.2000 Art Cult Center Wien, Marcel Reuter (Pf)
- 19.05.1999 MDW Wien, Marcel Reuter (Pf)
- 19.05.1999 Musikuniversität Wien, Marcel Reuter (Pf)
- 19.11.1998 Wien, Marcel Reuter (Pf)